Wenn der Hund nicht kommt, obwohl wir ihn rufen, liegt das meistens nicht am Hund. Sondern an uns. Oder am Rückruf. Denn wird ein Rückruf schlecht oder von Anfang an falsch trainiert, wird man nie die Sicherheit beim Freilauf bekommen, die man als Hundehalter*in haben möchte. Dabei ist es gar nicht so schwer, einen guten Rückruf aufzubauen.
Achtung, Falle
Der häufigste Fehler beim Rückruftraining ist, nur dann den Hund abzurufen, wenn man den Rückruf braucht. Denn dann ist der Hund meist zu weit weg, rennt hinter irgendwem her, stürmt auf andere Hunde zu oder verbellt einen Radfahrer. Alles Verhaltensweisen, die ich eigentlich nicht verstärken möchte. Da der Rückruf aber eine Belohnung ankündigt, verstärke ich diese Verhaltensweisen automatisch mit! Was also tun? Ganz einfach: Den Hund 9 von 10 Malen abrufen, wenn er gerade wünschenswertes Verhalten zeigt. Zum Beispiel, wenn er schön bei uns läuft, wenn er gerade aufmerksam schaut, wenn er sich in unserem Radius aufhält oder schön auf dem Weg geht, anstatt im Gebüsch zu stöbern. Diese Trainingsrückrufe sollten immer erfolgen, auch, wenn der Hund auch in Notfällen immer kommt.
Belohnung ist alles
Wie alle Lebewesen führen Hunde vor allem das Verhalten aus, das sich für sie lohnt. Der Rückruf sollte also fürstlich belohnt werden. Dabei müssen es nicht immer Leckerlis sein. Belohnt den Hund variabel und situativ. Heißt: Wenn der Hund gerade im Spiel mit anderen Hunden ist, belohnt man ihn mit einem ausgelassenen Spiel. Ist der Hund auf Schmusekurs, gibt es ausgiebig Streicheleinheiten. Ist er im Jagdfieber, darf er den Dummy suchen und tragen, oder er darf gemeinsam mit uns eine Spur verfolgen. Für viele Hunde gilt ohnehin die Devise: Essen geht immer. Aber auch hier ist es hilfreich, Abwechslung zu bieten. Denn wenn der Hund nie weiß, was es Tolles gibt, kommt er nicht ins Abwägen.
Niemals strafen!
Der Hund soll gerne, bereitwillig und schnell kommen! Deshalb NIE NIE NIE, also wirklich NIE (!) schimpfen, egal, wie lange der Vierbeiner vorher vielleicht stiften gegangen ist. Er wird eine Strafe immer mit dem Zurückkommen verknüpfen, niemals mit seiner Abwesenheit. Auch andere Dinge werden vom Hund eher aversiv verknüpft: Über den Kopf tätscheln ist wenig hilfreich und keine Belohnung für den Hund. Vermeidet bitte auch das Überbeugen. Und: Wer nach jedem Rückruf immer nur anleint, macht sich seinen Rückruf auch schnell kaputt.
Beständigkeit
Das Rückruf-Signal muss immer gleich sein. Ein Wort, ein Handzeichen, ein Pfiff sollte nie variieren. Der Hund muss wissen, was von ihm erwartet wird, wenn dieses eine spezifische Signal kommt. Den Namen sagen wir tendenziell ohnehin ständig. Deshalb empfiehlt sich besser eine Kombination (zum Beispiel "Murpsi, hiiiiier") oder ein Pfiff. Vorteil einer Pfeife ist, dass sie immer gleich klingt und sehr gut konditioniert werden kann. Außerdem können mehrere angeschafft werden, etwa wenn der Hund von verschiedenen Personen betreut wird.
Einmal reicht
Wer seinen Hund immer hundert Mal ruft und ihm nachläuft, trainiert keinen Rückruf. Er signalisiert seinem Hund vielmehr: "Ich bin hiiier, ich komme Dir naaahhaaach!" Sehr praktisch für den Hund, mitunter aber eben gefährlich und nervig für seinen Menschen. Deshalb: Das Rückruf-Signal immer nur einmal, maximal zweimal geben. Wenn der Hund nicht kommt, einfach strammen Schrittes in die entgegengesetzte Richtung weggehen. Meistens galoppieren die Hunde dann recht schnell hinterher. Natürlich klappt das nicht immer. Es sollte auch gar nicht immer zum Einsatz kommen, denn es zeigt uns, dass der Hund in dieser spezifischen Situation noch Training benötigt.
Leine dran!
So lange der Hund noch nicht so weit ist, dass er draußen zu 100 Prozent abrufbar ist, kommt er in diesen Situationen eben an die Schleppleine. Je konsequenter Ihr Misserfolge vermeidet, desto schneller klappt später auch der Rückruf!
Achtung, Körpersprache
Die Körpersprache spielt für die Hunde eine große Rolle. Gerade kleine Hunde oder Hunde aus dem Tierschutz mögen oft nicht auf einen frontal ausgerichteten Menschen zurennen. Hier kann es hilfreich sein, sich seitlich zu drehen oder in die Hocke zu gehen.
Erfolge honorieren
Kommt der Hund pfeilschnell oder unter hoher Ablenkung, ist das eine Extra-Belohnung wert. Denn was für uns selbstverständlich ist ("Ich rufe, Hund kommt!"), ist für den Hund mitunter richtig schwer. Bitte überfordert Eure Hunde nicht. Ein Nicht-Ausführen heißt nicht, dass der Hund bockig ist, oder Euch "verarscht" - was er ohnehin gar nicht kann! Die Ablenkung ist dann einfach zu hoch. Oder er möchte einem bedrohlich wirkenden Artgenossen den Rücken nicht zuwenden. Es gibt 1001 Gründe, weshalb ein Rückruf mal daneben geht. Es liegt an uns Menschen, zu analysieren, welche Situationen ein Hund bewältigen kann und wo er eben noch Hilfe braucht.
Zur Not: Kompletter Neustart
Wenn der Rückruf schon kaputt ist, weil viel mit Strafe gearbeitet wurde, lohnt es sich, ihn einfach mit einem neuen Signal komplett neu aufzubauen. Dabei kann drinnen auch vor jeder Fütterung der Pfiff oder das Rückrufsignal gegeben werden.
Viel Spaß beim Trainieren! ♥