Zweithund: Was muss ich beachten?

 

Kann, will, soll, darf ich einen zweiten Hund halten? Viele Menschen haben das Bedürfnis, nicht nur einem, sondern zwei oder mehr Hunden ein Zuhause zu geben. Die Entscheidung sollte man in keinem Fall leichtfertig treffen, denn es ist ein großer Unterschied, ob man einen oder zwei Hunde hält. Es kommt nicht nur einfach ein weiterer Hund dazu. Mit zwei Hunden ergeben sich ganz andere Alltagsprobleme, Dynamiken in der Interaktion, Kosten und organisatorische Herausforderungen. 

Hier einige Überlegungen, die man vorab auf dem Schirm haben sollte: 

 

Ersthund

  • Ist mein Ersthund gesellig und mag andere Hund?
    Voraussetzung für eine Mehrhundehaltung ist, dass mein Hund zumindest generell Artgenossen gegenüber aufgeschlossen ist. Das muss nicht bedeuten, dass er ALLE Hunde mag, aber ein sehr auf den Menschen bezogener Eigenbrötler ist vielleicht nicht unbedingt begeistert, wenn ein Artgenosse einzieht. 
  • Hat mein Hund noch Baustellen, zeigt problematische Verhaltensweisen?
    Wenn dem so ist, rate ich in jedem Fall von einem Zweithund ab. Ein Hund ist nie "fertig" und entwickelt sich lebenslang - dennoch würde ich bei problematischen Verhaltensweisen immer erst einmal auf Ursachenforschung gehen und diese lösen, ehe ich schon den zweiten Vierbeiner auf der Matte stehen habe. 
  • Kann ich meinen Hund artgemäß halten, habe genug Zeit und Geduld für ihn?
    Wenn man diese Frage bereits mit "naja" beantwortet, erübrigt sich die Frage nach der Anschaffung weiterer Hunde. 
  • Wie alt ist mein Ersthund?
    Vor dem 3. Lebensjahr würde ich keinen neuen Nachwuchs ins Haus holen. Die Jugendentwicklung des Ersthundes sollte abgeschlossen sein, um seinen Charakter, seine Interessen und Bedürfnisse besser einschätzen zu können. Außerdem ist die Junghundeentwicklung auch ein wenig anstrengend und bindet viele Ressourcen seitens der Halter. 

Wohnsituation

 

Gerade in einer Stadt wie München sollte man sich gründlich überlegen, ob man einen zweiten Hund anschafft - bezahlbarer Wohnraum ist knapp, und mit zwei oder mehr Hunden steht man definitiv nicht auf der Wunschliste der meisten Vermieter. Deshalb sollte man sich fragen: 

  • Ist meine Wohnung groß genug?
  • Finde ich auch mit zwei Hunden eine bezahlbare Wohnung?
  • Erlaubt der Vermieter die Haltung mehrerer Hunde?
  • Gibt es bereits Auseinandersetzungen mit anderen Mietern wegen des Hundes?

Arbeit, Urlaub, Finanzen

 

Ein Hund kann den Alltag schon stark verändern, zwei Hunde stellen noch einmal ganz andere Ansprüche an die Organisation des Zusammenlebens. Fragen, die man sich deshalb stellen sollte: 

  • Kann ich meinen Hund mit auf die Arbeit nehmen und geht das auch mit zwei Hunden?
  • Wie überbrücke ich die Welpen- bzw. Eingewöhnungszeit?
  • Wie plane ich meine Urlaube?
    Flugreisen, Hotelaufenthalte, Hundepension - das alles wird mit zwei oder mehr Hunden nicht einfacher. Allein ein Restaurantbesuch mit zwei Hunden verläuft unter Umständen nicht so entspannt ab, wie man es sich erhofft.  
  • Habe ich finanzielle Rücklagen für Futter, Pflege, Versicherung, Hundetraining, Tierarztbesuche?
  • Wie sieht mein Alltag aus?
    Habe ich genug Zeit für zwei Hunde UND meine eigenen Bedürfnisse nach Ruhe, Erholung, Hobbys?
  • Habe ich Familie oder Freunde, die einspringen können, wenn mir etwas passiert?

Hände weg von Geschwistern!

 

Ach, wär das schön! Wir nehmen einfach gleich zwei Welpen aus dem Wurf, dann wachsen sie zusammen auf, die Geschwister haben sich, beschäftigen sich miteinander und werden bestimmt dadurch ganz soziale Hunde? Bloß nicht! 
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Das so genannte Littermate Syndrome (Wurfgeschwister Syndrom) sorgt dafür, dass man nicht doppelt so viele Probleme bekommt, sondern zehnfache. Beim Littermate Syndrome kann es zu schlechterer Sozialisierung, starker Abhängigkeit voneinander, Problemen bei der Stubenreinheit, vermehrter Aggression gegenüber Artgenossen, und gravierenden Schwierigkeiten beim Alleinbleiben kommen. Eine Aufnahme von Wurfgeschwistern ist deshalb absolut nicht empfehlenswert und sollte von Seiten eines seriösen Züchters auch entsprechend kommuniziert werden. 

 

Der richtige Altersunterschied

 

Es gibt viele Geschichten von Haltern, deren Althund regelrecht aufblühte, als ein Welpe einzog. Es gibt aber auch Hunde, die extrem genervt und gestresst sind vom Neuzugang. Deshalb gilt: Management ist alles! Der Althund muss genügend Zeit, Ansprache, Rückzugsmöglichkeiten und Ruhe bekommen. Lieb gewonnene Rituale müssen auch weiterhin Bestand haben, damit der neue Mitbewohner nicht die ganze Welt des Althundes auf den Kopf stellt. Der Welpe oder Neuzugang braucht jedoch ebenfalls altersgemäße und bedürfnisgerechte Beschäftigung und Auslastung: Toben, spielen, schlafen, die Welt und andere Hunde kennenlernen. Damit es einen als Menschen nicht zerreißt zwischen all den Bedürfnissen, muss man schon ein gehöriges Maß an Geduld, Zeit und Fachwissen mitbringen. Unverzichtbar ist für mich ein Kindergitter, um die Hunde separieren zu können, falls es zu viel wird. Außerdem sehr praktisch ist ein Welpenkarren, in dem der Neuzugang sich ausruhen kann, wenn ihn die großen Runden mit dem Althund noch überfordern. 

 

Einsam, zweisam, dreisam?

 

Hunde ziehen die Gesellschaft des Menschen ihresgleichen vor. Das ist ziemlich einzigartig in der Tierwelt, und deshalb ist es auch nicht notwendig, mehrere Hunde zu halten, um sie glücklich zu machen. Ein Zweithund löst auch keine Verhaltensprobleme und hilft nicht dabei, dass der Ersthund besser allein bleiben kann. Leider gibt es immer noch Menschen, die diesem Irrglauben aufsitzen und dann zwei jagende Hunde, zwei Hunde mit Trennungsstress oder zwei Hunde mit Aggressionsproblemen gegenüber Artgenossen haben.

 

Es muss schon sehr viel stimmen, damit man auch zwei Hunde glücklich machen kann (und man selbst dabei glücklich und nicht überfordert ist). Wer im Eigenheim mit großem Garten wohnt, finanziell gut aufgestellt ist, ein gutes soziales Netzwerk hat und relativ frei und flexibel arbeitet, für den ist es eine andere Herausforderung als in einer Mietwohnung in der Stadt mit knappen Budget und relativ starrem Alltagskorsett. Deshalb ist die Entscheidung stets individuell zu betrachten - dabei sollte man aber immer realistisch und ehrlich bleiben und sich nicht von emotionalen Böen davontragen lassen. Denn am Ende des Tages zahlen alle den Preis. Nur, dass der Hund kein Mitspracherecht bei der Entscheidung hat. 

 

Inhaberin: Isabel Boergen ♥ Hundetrainerin

Mail: wau@weltstadt-mit-hund.de  

Fon: 0178 / 69 61 267

 

Montag bis Freitag: 9 bis 19 Uhr

Sonntag: 10 bis 18 Uhr

Samstag: geschlossen

 

Facebook: @weltstadtmithund
Instagram: @weltstadtmithund