Wenn der eigene Hund auf die Jagd geht, ist die Verzweiflung oft groß. Denn Jagen ist genetisch angelegt und extrem selbstbelohnend. Dabei muss der Hund noch nicht einmal Wild hetzen: Oftmals reichen Spuren, um den Hund in einen Jagdtunnel abgleiten zu lassen.
Jagen wird durch äußere Reize ausgelöst: Spuren, Wildsichtung, Bewegungsreize oder attraktive Umweltmerkmale wie zum Beispiel ein Gebüsch. Das Verhalten läuft nach einem festen Schema ab, das wir die Jagdverhaltenskette nennen. Die Vorfahren unserer Haushunde jagen entsprechend dieser Verhaltenskette:
- Orientieren / Ausschau halten
- Fixieren / Belauern / Vorstehen
- Anschleichen
- HetzenPacken / Halten
- Töten / Schütteln
- Zerlegen
- Fressen
Das Problem: All diese Glieder der Jagdverhaltenskette sind extrem selbstbelohnend. Jagen macht Hunden einen Riesenspaß!
Fördern Ballspiele oder Zerrspiele Jagdverhalten?
Immer wieder hört man, dass Hunde auf keinen Fall spielerisch hetzen dürfen, da dies das "jagen verschlimmern" würde. Tatsache ist: Richtig gemacht sind zergeln, Ballspiele und Rennspiele eine wunderbare Möglichkeit, Hunde bedürfnisgerecht auszulasten und zu belohnen. Sie steigern NICHT das Jagdverhalten!
Diese Aktivitäten verstärken Jagen beim Hund NICHT:
- Ball spielen
- Zerrspiele
- Zergeln
- Rennspiele
- Echtfell-Dummy
- Suchspiele
- Nasenarbeit
- Fährtentraining
- Mantrailing
Diese Dinge dienen als Jagdersatzbeschäftigung oder Belohnungsmöglichkeit. Setzt man sie klug ein, kann man das Jagdverhalten seines Hundes damit also eher kontrollieren.
Was verschlimmert Jagdverhalten?
Hier lohnt es sich unbedingt, einen Blick auf den Alltag der Hunde zu legen: Denn Jagdverhalten wird eben nicht nur durch Anwesenheit von Wild(spuren) verstärkt, sondern auch durch:
- reizvolle Umwelt
- Anwesenheit von Wild
- Frust
- Stress
- Krankheit, Schmerzen und Schlafmangel
Sinnvolle Maßnahmen und Übungen für jagdlich motivierte Hunde
Zunächst einmal geht es darum, Abhauen und Jagen zu verhindern und den Hund entsprechend zu sichern. Eine Schleppleine gehört also zur Standardausrüstung. Dann sollte der Tagesablauf und die Gassistrecken auf den Prüfstand. Statt sich und den Hund immer wieder in ablenkungsreichen Gebieten zu überfordern, sollte man erst einmal weniger aufregende Strecken wählen. Rundwege sind meist lang und aufregend, deshalb empfiehlt sich der gleiche Hin- und Rückweg. Wichtig ist auch eine bedürfnisgerechte Belohnung. Was mag mein Hund? Eine Belohnungsliste zu erstellen, ist eine gute Idee. Hier gehört alles drauf, was dem Hund Spaß macht: Futter in verschiedenen Abstufungen, Futtersuche, Dummy, zergeln, rennen, buddeln. Denn was eine gute Belohnung ist, entscheidet der Hund! Das Leckerli aus der Hand ist nur eine Möglichkeit der Belohnung, und nicht gerade die attraktivste. :)
Dann geht es daran, Grundlagen zu trainieren:
- Spontanen Blickkontakt markern und belohnen
- Blickkontakte auf Signal üben
- Ansprechbarkeit überprüfen und belohnen
- Erregungslevel senken durch Entschleunigung, Futtersuche, Berührung, konditionierte Entspannung
Wenn ein Hund auch unter Ablenkung aufmerksam gegenüber seinem Halter sein kann, dann erst geht es an schwierigere Trainingseinheiten:
- Gezieltes Abwenden von Reizen (Umweltreize, Spuren und Bewegungsreize)
- Belohnen von statischen Verhaltensweisen innerhalb der Jagdverhaltenskette (stehen, vorstehen, belauern, fixieren)
- Radiustraining (in Deiner Nähe git es tolle Aktivitäten, Spiele und Belohnungen)
- Rückruftraining
- Stoppen auf Distanz
Auch hier gilt: Arbeitet Euch von leicht nach schwer, von wenig zu viel Ablenkung. Gerade beim Rückruf benötigt Ihr viel Trainingsroutine. Das heißt: Viele Wiederholungen mit hochwertigen Belohnungen und zwar nicht genau dann, wenn der Hund gerade abgelenkt oder am abzwitschern ist, sondern wenn er sich gerade in der Nähe aufhält und ein Rückruf eigentlich nicht nötig wäre.
Weitere Rückrufregeln findest Du hier.