Was heißt „gewaltfrei“ im Hundetraining?
Gewaltfrei heißt:
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keine Schmerzreize, keine Strafen, keinen Druck, der dem Hund körperliches Unbehagen verursacht
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keine Einschüchterung oder Angst zur Verhaltenskontrolle
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stattdessen: positive Verstärkung, Geduld, klare Kommunikation, artgerechte Methoden
Diese Haltung ist nicht nur ethisch geboten, sondern auch gesetzlich gefordert.
Problematische und nicht zeitgemäße Methoden
Einige Methoden, die immer noch verwendet werden, verstoßen gegen den modernen Wissenstand und oft gegen das Gesetz:
Methode / Hilfsmittel | Warum problematisch / wissenschaftlich überholt | Möglicher Verstoß gegen Tierschutzrecht |
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Leinenruck, starkes Ziehen an der Leine, plötzlicher Ruck (“Korrektur”) | Bei plötzlichen Zugkräften entstehen Schmerzreize, evtl. Schädigungen der Muskulatur, Halswirbelsäule. Sie erzeugen Angst / Stress, hemmen Vertrauen. | Verletzung des § 1 TierSchG („Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“) |
Nutzen von Stachelhalsbändern, Würgehalsbändern, Elektrohalsbändern, Sprüh- oder Schreckreizinstrumenten | Diese Geräte wirken aversiv, oftmals unkontrollierbar, können Schmerzen, Angst, Verhaltensstörungen verursachen. | Gemäß der Tierschutz-Hundeverordnung sind schmerzhafte Mittel bei der Ausbildung verboten. |
Methoden, die auf Dominanz, Einschüchterung, Unterdrückung basieren (z. B. durch lautes Bestrafen, Angstmacherei, isolieren) | Wissenschaftlich überholt: Hunde lernen besser mit Vertrauen, Sicherheit, positiver Bestätigung statt über Furcht. Verhaltensprobleme und Stress können durch Zwangsmethoden zunehmen. |
Solche Maßnahmen können schon nach § 1 TierSchG und § 2 TierSchG verboten sein, wenn sie Leiden, Schmerzen oder Schäden verursachen. |
Gesetzliche Rahmenbedingungen in Deutschland
Tierschutzgesetz (TierSchG)
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§ 1 TierSchG (Grundsatz):
„Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ -
§ 2 TierSchG (Tierhaltung):
Wer ein Tier hält oder betreut, hat Pflichten, u.a.:-
das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen
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dem Tier die Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung zu gewähren, ohne vermeidbare Leiden oder Schäden
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über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die erforderlich sind, um dies sicherzustellen
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§ 17 TierSchG (Straf- und Bußgeldvorschriften):
Es ist strafbar, einem Wirbeltier ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen oder Leiden zuzufügen, oder das Tier zu töten. -
§ 11 TierSchG (Erlaubnispflicht):
Wer gewerbsmäßig Hunde ausbilden oder Hundeschule betreiben will, benötigt eine behördliche Erlaubnis. Das heißt: Nicht jede Person darf mit „umfassenden“ Trainingsangeboten arbeiten, ohne die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.
Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV)
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Seit 1. Januar 2022 in Kraft. Sie konkretisiert Anforderungen für Hundehaltung, Zucht, Ausbildung etc.
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Verbot bestimmter schmerzhafter Hilfsmittel: Insbesondere sind schmerzhafte Mittel bei der Ausbildung verboten. Was als schmerzhaft gilt, muss unter Berücksichtigung der Reaktionen des Hundes bewertet werden.
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Verbot von Ausstellungen für Hunde mit Qualzuchtmerkmalen, die zu Leiden, Gesundheitsschäden oder Verhaltensstörungen führen (z. B. deformierte Körperteile, Behinderungen)
Was sagt die Wissenschaft?
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Die Lernpsychologie zeigt: Hunde lernen effektiver und nachhaltiger durch positive Verstärkung als durch Bestrafung. Angst oder Schmerz können zwar kurzfristig Verhalten unterdrücken, führen aber zu schlechtem Wohlbefinden, Vermeidungsverhalten, Aggression oder Stress.
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Die Bindungs- und Verhaltensforschung unterstützt, dass ein Hund, der Vertrauen und Sicherheit erfährt, eher bereit ist zu kooperieren – nicht aus Angst, sondern aus Beziehung.
Warum viele Methoden noch verwendet werden, obwohl sie nicht zeitgemäß sind
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Tradition & kulturelle Prägung: Manche nutzen, was sie gelernt haben – z. B. in Hundesportvereinen oder unter alten Ausbildern.
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Unkenntnis oder Fehlinformationen: Manche sind sich gar nicht bewusst, wie Stress sich äußert, oder was Schmerzen für das Tier bedeuten können.
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Viele wünschen sich schnelle Lösungen und sind bereit, aversive Methoden zu akzeptieren, ohne die langfristigen Folgen zu sehen.
Dein Weg zu gewaltfreiem Hundetraining
Wenn Du das zu Dir passende Training suchst, achte auf:
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Bewussten Verzicht auf schmerzhafte Hilfsmittel, Schreckreize sowie Bestrafungen
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Trainerinnen und Trainer, die transparent arbeiten und sachlich erklären, wie und warum sie was belohnen.
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Ein Training, das individuell auf Hund und Mensch abgestimmt ist (Rasse, Persönlichkeit, Bedürfnislage, Gesundheit, Vorerfahrungen).
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Geduld & kleine Schritte – Überforderung vermeiden.
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Feedback vom Hund beachten: Stresszeichen erkennen und respektieren.
Fazit
Gewaltfreies Hundetraining ist kein „Netttheitstrend“, sondern eine Verpflichtung gegenüber dem Tier – sowohl ethisch als auch rechtlich. Methoden, die Schmerzen, Einschüchterung oder Angst erzeugen, gehören der Vergangenheit an. Das Gesetz (TierSchG, TierSchHuV) fordert es – und moderne Lerntheorie und bedürfnisorientierter Umgang bestätigen: Du erreichst mit positiver Verstärkung und Respekt bessere, nachhaltigere Ergebnisse. Dein Hund soll nicht gehorchen, weil er Angst hat, sondern kooperieren, weil er vertraut – das ist der Kern meiner Arbeit.