Wir haben vergangenen Herbst einen Tango Kurs besucht. Da geht es erst einmal gar nicht so sehr ums Tanzen, sondern darum, sich gemeinsam zu bewegen, ohne sich zu verletzen. :D
Der Tangolehrer sagte dazu etwas sehr Kluges:
"Wenn dein Partner dich nicht ordentlich führt und genau klarmacht, wohin er möchte, dann endet alles im Chaos und Ihr tretet euch permanent gegenseitig auf die Füße."
Das stimmt, kann ich bestätigen.
Auch im Zusammenleben mit Hunden benötigen wir Führungsqualität. Führung ist leider im Hundebereich ein viel missbrauchter Begriff.
Dabei bedeutet Führung in erster Linie, Verantwortung übernehmen, Klarheit zu schaffen, eine Richtung vorzugeben. Sie bedeutet nicht, jemanden herumzuschubsen, zu gängeln oder die eigene Machtposition auszunutzen.
Führung heißt, klarzumachen und verständlich zu machen, worum es geht. Führung gibt Sicherheit in einer immer komplexer werdenden, widersprüchlichen und unsicheren Welt.
Führung bedeutet auch, den anderen zu motivieren, ihn wertzuschätzen, seine Qualitäten zu sehen und anzuerkennen, ihm zu helfen, seine Schwächen weiter zu entwickeln und in Stärken umzuwandeln. Jemand, der unsicher führt, der keine klare Richtung vorgibt, schafft keine sichere Basis.
Es ist, wie beim Tango: Zögerlichkeit, falsch verstandene Rücksichtnahme, Unsicherheit helfen überhaupt nicht weiter. Mein Gegenüber muss mir klar signalisieren, in welche Richtung ich mit welchem Fuß starten soll. Und da sind wir wieder bei den Hunden: wenn ein Hund weiß, worum es geht, was er tun kann, was der Mensch tun wird (Stichwort Erwartungssicherheit), dann gibt das ein hohes Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit.
Ich erlebe es immer wieder, wie verunsichert vor allem Hundehalterinnen sind, weil sie permanent unterschiedliche Informationen bekommen, weil sie auf Instagram 500 verschiedene sich zum Teil widersprechende Dinge sehen, sie ausprobieren, wieder verwerfen.
Weil sie denken, sie müssen dem Hund immer alles recht machen.
Weil sie unpopuläre Entscheidungen fürchten.
Weil sie denken, der Beziehung zum Hund zu schaden, wenn sie eine klare Vorgabe machen.
Bedürfnisorientiert bedeutet nicht, dass die Bedürfnisse des Menschen nichts zählen. Bedürfnisorientiert bedeutet, die Bedürfnisse des Hundes zu kennen, anzuerkennen und bestmöglich zu erfüllen und es bedeutet auch, auf sich selbst achtzugeben, in sich hinein zu hören, was man braucht, um glücklich mit dem Hund zusammen zu leben.
Führung ist nichts Negatives, wenn man sie so versteht, wie sie gemeint ist. Als liebevolle Anleitung, als klarer Rahmen als Richtungsvorgabe, die viel Freiheit lässt, und gleichzeitig Sicherheit gibt.
Für mich war der Tango eine gute Erfahrung, mal Kontrolle abzugeben und sich führen zu lassen. Und surprise! War gar ned schlimm. :D